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14.06.2022

Aufgrund des von verschiedenen Seiten publizierten sowie in sozialen Netzwerken unscharf dargestellten Verhandlungsergebnisses des mit 1.6.2022 gültigen Kollektivvertrags für Angestellte in zahnärztlichen Ordinationen erlauben Sie uns an dieser Stelle, dieses sowie die Vorarbeiten seit 2020 hier klarzustellen. Im Anhang dazu finden Sie auch ein von der Österreichischen Zahnärztekammer in Auftrag gegebenes Gutachten, welches unsere Aussagen bekräftigt.

Auf Basis der schriftlichen Vereinbarung zwischen der Österreichischen Zahnärztekammer und der Gewerkschaftsvertretung vom 13.11.2020 mit den Verhandlungsführern MR Dr. Horejs und DDr. Hönlinger wurden die Verhandlungen durch das seit 2021 amtierende Präsidium der ÖZÄK mit der Gewerkschaft neu aufgenommen. Dies unter Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen.

Dabei hat sich die im November 2020 erzielte Vereinbarung in wirtschaftlicher und strategischer Hinsicht als unvorteilhaft herausgestellt. Die Vereinbarung umfasste eine Erhöhung der Mindestgehälter um 6 % sowie die Bereitschaft zu einer IST-Lohnerhöhung im Umfang von plus 2 % oder die höhere Teuerungsrate zwischen 1. Juli 2021 und 1. Juli 2022.
Dies hätte bei der derzeit zu berücksichtigenden Inflationsrate von 7,5 % eine Gesamterhöhung von zumindest 14 % ergeben. Aufgrund der von MR Dr. Horejs und DDr. Hönlinger in Aussicht gestellten Zustimmung zu einer IST-Lohnerhöhung hätte diese Vereinbarung auch jene Dienstverträge betroffen, welche bereits heute über Kollektiv liegen.
Details zur Vereinbarung finden Sie im Anhang 1.  Mit dem nun erzielten Verhandlungsergebnis konnte eine IST-Lohnerhöhung abgewendet werden. Die Steigerung der Mindestgehälter beträgt 9 % und bei Berücksichtigung der Reduktion von 40 auf 38 Wochenstunden (bei vollem Gehaltsausgleich) ergibt sich eine wirtschaftliche
Erhöhung um 14,7 %. Ein fast identes Ergebnis wie aus der Vereinbarung von 2020 zu erwarten gewesen wäre, allerdings ohne IST-Lohnerhöhung und einem damit eingegangenen Präjudiz für zukünftige Verhandlungen.

Zu berücksichtigen ist auch die kollektivvertraglich vereinbarte Möglichkeit, aufgrund der Reduktion von 40 auf 38 Wochenstunden Mehrstunden bis zu einem Ausmaß von 40
Wochenstunden durch Zeitausgleich im Verhältnis 1:1 auszugleichen. Betrachtet man die Inflationsrate seit Letzterhöhung der Kollektivvertragsgehälter im April 2019
sowie den kumulierten Honorarerhöhungsfaktor von 9,34 % seit 2019, ist dies mit dem vorliegenden Verhandlungsergebnis wirtschaftlich noch zu vertreten und in Hinsicht der Attraktivierung des Gesundheitsberufes der zahnärztlichen Assistenz ein unausweichlicher Schritt für die Zukunft.

Weitere Details des Verhandlungsergebnisses können Sie der gutachterlichen Stellungnahme der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungskanzlei Intercura entnehmen. Details zur gutachterlichen Stellungnahme finden Sie im Anhang 2.

Die wichtigsten Fragestellungen finden Sie als FAQ hier beantwortet:

Was war die Ausgangslage der Verhandlungen?
Als Grundlage stand die Vereinbarung vom 13.11.2020 im Raum. Diese wurde allerdings nicht in Kraft gesetzt beziehungsweise nicht Teil des Kollektivvertrages. Das neu gewählte Präsidium der ÖZÄK hat die Verhandlungen mit der Gewerkschaft erneut aufgenommen und eine wirtschaftlich tragbare Lösung für die Arbeitgeber:innen und eine Erhöhung der kollektivvertraglichen Gehälter zum Abschluss bringen können – dies ohne Erhöhung der IST-Gehälter bzw. Kopplung mit den Honorarsätzen oder der Inflation.

Was hätte eine IST-Lohn-Erhöhung bedeutet?
IST-Gehälter sind diejenigen Gehälter, die im Dienstvertrag vertraglich vereinbart sind und tatsächlich zur Auszahlung gelangen. In der Vereinbarung vom 13.11.2020 wurde die Bereitschaft kundgetan, die IST-Gehälter mit der Entwicklung der Honorarsätze, der Inflationsrate und der wirtschaftlichen Entwicklung zu koppeln – dies hätte eine jährliche Anpassung auch der überkollektivvertraglichen Gehälter um die oben genannten prozentuellen Anteile bedeutet. Dem wurde vom nunmehrigen Präsidium nicht zugestimmt, diese Kopplung ist daher nicht Gegenstand des aktuell geltenden Kollektivvertrages.

Warum wurde die Arbeitszeit reduziert und was bedeutet dies?
Um dem allgemeinen Trend in der Arbeitswelt und den Bedürfnissen der Arbeitnehmer:innen zu folgen, wurden die wöchentlichen Arbeitszeiten angepasst. So liegt etwa im Handel bereits seit 1.1.1989 die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit bei 38,5 Stunden. 
Dies ist sicherlich nur ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Schritt der Attraktivierung der Zahnärztlichen Assistenz.

Was ist der Unterschied zwischen Mehrstunden und Überstunden?
Die sogenannte Mehrarbeitszeit ist diejenige, die zwischen der im Dienstvertrag vereinbarten Arbeitszeit und der gesetzlichen maximalen Normalarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche oder 8 Stunden pro Tag anfällt. Bei einer (kollektiv)vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit von beispielsweise 38 Stunden stellen die zwei Stunden Differenz auf die 40 Stunden Mehrstunden dar.
Die Mehrarbeitszeit wird innerhalb eines zu definierenden Zeitraumes im Verhältnis 1:1 ausgeglichen.
Als Überstunden gelten diejenigen Stunden, welche über die Normalarbeitszeit von 40 Stunden hinausgehen.

Wann steigen die Honorarsätze?
Die Honorarsätze werden so wie jedes Jahr mit den Kassen verhandelt und treten sodann mit Beginn des darauffolgenden Jahres in Kraft.
Die Honorarsätze haben sich sukzessive erhöht (angepasst an die jährliche Inflation), sodass die wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere bei der kumulierten Betrachtung der Erhöhungen, noch tragbar sind.
Seit der letzten KV-Erhöhung hat es eine Erhöhung um 9,34% gegeben (nicht kumuliert!).
Der kumulierte Wert der Honorarerhöhung ist allerdings deutlich höher, da der bereits erhöhte Wert wiederum prozenthaft erhöht wurde!

Ist auch die Reduktion der Stunden eine IST-Lohn-Erhöhung?
Nein.
Eine Mehrarbeit ist innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten und betrieblichen Notwendigkeit auch weiterhin möglich und kann bis zum Erreichen der gesetzlichen Normalarbeitszeit mit einem Zeitausgleich abgegolten werden.

Wenn Zeitausgleich nicht möglich ist, müssen diese Mehrstunden auch ausbezahlt werden?
Ja, wenn eine Konsumation in Zeit nicht möglich ist, sind Mehrarbeitsstunden mit dem gesetzlichen Zuschlag von 25% abzugelten. Nähere Bestimmungen zur Lage des Zeitausgleichs bzw. der Abgeltung von Mehrstunden sind möglichst im Dienstvertrag zu vereinbaren.

Ich bezahle jetzt schon über KV. Muss ich die Gehälter trotzdem um 9% erhöhen?
Liegt das tatsächliche Gehalt über dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt ab 1.6.2022, ist eine Überzahlung gegeben und es ist keine weitere Erhöhung erforderlich.

Bei welchen Gehältern kann die Arbeitszeit nicht reduziert werden und ist um 5% zu erhöhen?
Bei Modellen, die eine bestimmte Anzahl an Stunden vorschreiben, wie z.B. Altersteilzeit und bei Modellen, die eine Umsetzung durch Reduktion verunmöglichen, wie z.B.: Altersteilzeit.

Warum ist die Information so spät übermittelt worden?
Für die ÖZÄK war ein konstruktiver und für die Arbeitgeber:innen wirtschaftlich tragbarer Abschluss wichtig, dies im Kontext mit dem hohen Personalbedarf an Berufseinsteiger:innen. Wir sind davon überzeugt, dass mit der nunmehrigen Erhöhung der Einstiegsgehälter und der Reduktion der Wochenarbeitszeit die Attraktivität für neue Mitarbeiter:innen gestiegen ist – einer von mehreren erforderlichen Schritten.
In der ÖZZ, Ausgabe 1/2022 sowie im Jahresrückblick der LZÄK für Wien (Rundschreiben vom 22.12.2021) wurde die Wiederaufnahme der KV-Verhandlungen angekündigt. Zwischenergebnisse noch vor Verhandlungsabschluss preiszugeben, hätte die Position der ÖZÄK schwächen können und ist auch nicht üblich. Nach Abschluss der Verhandlungen wurde einen Tag später das Ergebnis verkündet.

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